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Sonntag, 31. Mai 2009

Wolf Dieter Enkelmann zu the big clearing


Text Wolf Dieter Enkelmann
zu the big clearing von Pavel Zelechovsky
,
München
2001

The Importance of Being Ernest
Oscar Wilde

Die Blockade ist beendet. Vor gut zehn Jahren brach das Gleichgewicht des Schreckens unerwartet sang- und klanglos zusammen. Keine Katastrophe. So endete die Zeit, als der Kampf der Weltanschauungen die ganze Welt in ihren Bann schlug und zu einem Gefängnis gemacht hatte, zu einem goldenen Käfig großer Versprechungen für die einen und des materiellen Wohlstandes für die anderen.

Eine Erlösung zweifellos. Es ging ums Ganze, und am Ende blieb von all dem nichts. Kein Verlust? Immerhin konnten die Ideologen mit Visionen einer anderen Welt und der Idee werben, daß in Zukunft nicht namenlose Macht- oder Marktmechanismen die Menschen regieren, sondern Gerechtigkeit, Gedanken und, was den Menschen sonst noch gut tut.
Ernüchterung. Mancher Illusionen, aber auch ihrer Visionen ledig, hat die Menschheit nun keine Wahl mehr. Was von der Mobilisierungskraf der Utopien bleibt, erben Ökonomie und Technik. Im Erfolg der Weltwirtschaft liegt, so sieht es aus, nun allein das Geschick der Welt.
Das Ende der Ideologien könnte aber auch ein Trugschluß sein, nämlich selbst eine neue Ideologie, wenn nicht überhaupt erst die universale ideologische Einvernahme. Der Dogmatismus des Seins - den man auch die normative Macht des faktischen nennt - war immer schon der wirksamere. Je dogmatischer hingegen die Reden beschwören, je brutaler die Polizei durchsetzt, daß wahr sei, was wahr sein soll, desto deutlicher wird die Ohnmacht.
"L´etat c´est moi", der Staat bin ich. So ist es, sagte Louis XIV., nicht: so soll es sein. Und so war es auch. Allerdings verhalf er damit dem Staatsvolk langfristig zu einer Erkenntnis, die dieses nicht weniger als den König überraschte: "Nou sommes le roi", wir sind der König. Beides zusammen ergibt eine Revolution. Man sieht, die Geschichte versteht durchaus Spaß, wenn er auch ein teuerer ist. Und sie gönnt ihn sich, wenn´s not tut, auch zweimal.
Menschheitsträume lassen sich, auch ohne verwirklicht zu werden, zu quasi selbsttragenden Gesellschaftssystemen ausbauen. Je illusionärer sie sich zu erweisen drohen, desto gläubiger und bitterer werden sie gegen die Wirklichkeit verteidigt. Mit nichts darf es ernst werden. Und das wird mit blutigem Ernst verfochten. Alles für nichts, nichts für alles: Das ist die Zirkulation des Scheins - im Großen wie im Kleinen.
Währenddessen kalkuliert Pavel Zelechovsky schon mal die harten Basics der Weltwirtschaft durch. Die Rechnungen der Öknomie des Lebens liegen zur Einsicht aus. Das Ergebnis: 81 Variationen des Spiels um Zeit. Und nichts fehlt, außer eines, das aber immer.
Es zu finden, macht ein Ende mit den Ideologien und ist der Schlüssel zu unverfügbarem Reichtum. Das ist die Authentizität, Autonomie und Autarkie des Anfangs, den jeder hat, dessen habhaft zu werden dennoch keinem gegeben ist.

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